Franziskus Kiefer, Senior Security Engineer bei Mozilla, erklärt, warum er für die Sicherheit im Internet, Verschlüsselung und Authentizität in unserer globalen Heimat Internet kämpft.
Ohne die Fähigkeit, Geheimnisse zu bewahren, verlieren Einzelpersonen die Fähigkeit, sich von anderen zu unterscheiden, ein unabhängiges Leben zu führen, vollständige und autonome Personen zu sein. . . . Das bedeutet nicht, dass eine Person tatsächlich Geheimnisse behalten muss, um autonom zu sein, nur dass sie die Fähigkeit besitzen muss, dies zu tun.
(Kim L. Scheppele, Legal Secrets 302 (1988))
An dieses Zitat von der Professorin für Soziologie und Internationale Angelegenheiten aus Princeton muss ich denken, als ich Franziskus Kiefer – Senior Security Engineer bei Mozilla – treffe. Habe ich eigentlich noch diese Freiheit echter Privatsphäre, Oder muss ich das Ganze ganz anders fragen: Welche Möglichkeiten habe ich in einer zunehmend digitalisierten Welt, um wirklich privat zu sein und warum ist das wichtig?
Franziskus: “Die meisten Menschen bewegen sich im Internet so, wie sie sich zuhause bewegen, wenn sie alleine sind. Aber im Internet ist man eben nicht alleine. Niemals. Ich frage dann immer gerne: ‘Möchtest du, dass jemand eine Kamera in deinem Schlafzimmer installiert und dir jederzeit zusehen kann?’ Natürlich nicht. Dasselbe gilt für das Internet. Wenn wir unsere Tür nicht abschließen oder eben verhindern, dass jemand eine Kamera im Schlafzimmer platziert, kann man dir zusehen.”
Bedeutet das, dass ich ständig – metaphorisch gesprochen – über meine Schulter schauen muss, wenn ich im Internet unterwegs bin oder mir über die Sicherheit im Internet Gedanken mache? Macht uns dieser Vergleich nicht ein wenig paranoid und führt dazu, dass man sich am besten komplett aus dem Internet ausschließt?
Naja, du bist ja auch nicht die ganze Zeit zuhause. Wenn du deine Wohnung verlässt, schließt du sie ab. Du ziehst dir was an und läufst nicht nackt draußen herum. Es braucht ein klares Bewusstsein darüber, was zur eigenen Privatsphäre gehört und was nicht. Wo man Privatsphäre erwarten kann und wo nicht. Wenn ich E-Mails lese oder meiner Freundin schreibe oder meine Bankgeschäfte erledige, dann möchte ich, dass das privat ist – wenn ich was auf Twitter poste, dann mache ich das bewusst öffentlich.
Woran liegt es, dass so wenige Menschen ein Bewusstsein für die Sicherheit im Internet haben? Dafür, wie schutzlos sie sich im Internet bewegen?
Viele Menschen verstehen das Internet einfach nicht so ganz. Es ist ihnen zu abstrakt. Menschen sind nicht besonders gut darin, sich etwas konkret vorzustellen, was sie nicht sehen oder anfassen können. Sich vorzustellen, dass am anderen Ende der Welt jemand sitzt, der meine Daten abfängt, ist ja auch irgendwie absurd. Zudem fällt es uns oft schwer, langfristig zu denken, die Konsequenzen abzuschätzen. Normalerweise merkt man ja nicht, wenn jemand Daten speichert oder missbräuchlich verwendet. Daten können über Jahre gesammelt werden, ohne dass wir es merken, und dann irgendwann gegen uns verwendet werden. Das ist aber kaum jemandem bewusst.
Viele sagen ja auch, das ist mir alles egal. Ich habe nichts zu verbergen…
Trotzdem würden sie nicht wollen, das man eine Kamera in ihrem Schlafzimmer installiert, auf die jeder zugreifen kann. Es kommt eben immer auf das politische und gesellschaftliche System an, in dem man gerade lebt. Ob das einem freundlich gesonnen ist oder nicht und so was kann sich natürlich ändern.