Rust All Hands 2019

Eine Tech-Community trifft sich analog

Rust All Hands 2019

Eine Tech-Community trifft sich analog

Seit der Veröffentlichung der ersten stabilen Version im Mai 2015 hat die Programmiersprache Rust kontinuierlich an Beliebtheit gewonnen. Bei den auf GitHub eingereichten PRs, den “Pull Requests”, rangierte Rust Mitte 2018 in den Top 15. Inzwischen sind unter den Nutzern auch immer mehr professionelle Anwender: Hunderte von Unternehmen nutzen die Sprache, um schnelle, ressourcensparende Cross-Plattform-Lösungen zu entwickeln, darunter Dropbox, Cloudflare oder Yelp. Was Rust ausmacht, ist aber nicht nur die vielseitige Anwendbarkeit — es ist auch die stetig wachsende Entwickler-Community hinter der Sprache, die sie kontinuierlich weiterentwickelt und in engagiertem Austausch steht. Anfang Februar traf sie sich bei Mozilla Berlin zu ihrem jährlichen All Hands-Meeting — einer einwöchigen Veranstaltung, bei der Projekt-Mitglieder ganz analog zusammenkommen und gemeinsam an Lösungen feilen. Und bei der nicht nur spannende neue Projekte entstehen, sondern vor allem das Zwischenmenschliche eine wesentliche Rolle spielt.

Es ist Mittagszeit. Die über 60 Teilnehmer des Rust-Meetings tummeln sich in der Küche des Berliner Mozilla-Büros und stärken sich für die zweite Tageshälfte. Die Stimmung ist ausgelassen, die Gespräche drehen sich vor allem um die letzten Sessions vor der Pause. Mittendrin sitzt Matt. Er ist extra für die Woche aus Paris angereist und zeigt sich begeistert: “Was mich an diesem Treffen umgehauen hat, ist die hohe Produktivität. Die Leute hier teilen gemeinsame Ziele, wollen mit anderen an ihnen arbeiten und sind total offen — für Feedback, neue Ideen und die Gemeinschaft selbst.” Der Research Software Engineer, der hauptberuflich für das Startup Snips arbeitet, ist schon seit einiger Zeit in die Community eingebunden und dort sehr aktiv. Vor seinem Umzug nach Frankreich initiierte er Meetups und Workshops in Nairobi, um der afrikanischen Community mehr Sichtbarkeit zu verschaffen. Sein Engagement setzt er nun an seinem neuen Lebensmittelpunkt fort. Kein Problem, schließlich ist die Entwicklergemeinschaft hinter Rust über die ganze Welt verteilt, Video-Calls sind an der Tagesordnung. Die seltenen persönlichen Treffen sind deshalb ganz besonders wertvoll.

“Das war mein erstes All Hands und es war tatsächlich noch besser als ich gedacht hätte — und ich habe auch deutlich mehr erreicht als erwartet!” (Matt)

Strukturen 2.0: die Rust-Community wächst

Die positive Grundstimmung in der Gruppe trägt dazu einen wesentlichen Teil bei — und spricht sich herum: Seit dem ersten Rust All Hands im letzten Jahr ist die Veranstaltung merklich gewachsen und es sind zahlreiche Neue dazugekommen. “Wir mussten den Ablauf des Events ein bisschen anpassen”, sagt Manish. “Die Community ist inzwischen zu groß, als dass man über alles und alle den Überblick behalten kann. Aber wir versuchen, so viele Interessierte wie möglich einzubinden. Und neuer Input bringt natürlich den Vorteil, dass man immer etwas dazulernt — auch wenn man schon eine Weile dabei ist”; ein wichtiger Punkt für Manish, der schon seit mehreren Jahren an Rust arbeitet. Angestellt ist er bei Mozilla — wie auch Jan-Erik, der ergänzt: “Mit der Größe der Community ändert sich auch ihre Dynamik. In diesem Jahr gab es beispielsweise deutlich mehr teamübergreifende Meetings und viele kleine Diskussionsrunden zwischen den Sessions.”

Nicht immer geht es dabei nur um Sachthemen — auch Missverständnisse werden hier aus dem Weg geräumt und Organisatorisches geklärt. “Großes Wachstum bringt eine ganze Menge Reibereien mit sich und persönliche Treffen helfen da sehr”, erklärt Florian, der das Events-Team der Rust-Community leitet und sowohl das Rust Berlin Meetup als auch die RustFest-Konferenz gegründet hat.

Eine Community im ursprünglichsten Sinne des Wortes

Schnelles Wachstum konstruktiv umzusetzen, neue Ideen aufzunehmen und dabei immer dem ursprünglichen Anspruch der Gruppe treu zu bleiben ist zweifellos kein Leichtes. Der Rust-Community scheint dies jedoch problemlos zu gelingen — dank harter Arbeit im Hintergrund. Einen großen Teil davon trägt das Community Team. “Unsere Aufgabe ist es, einen Überblick über die Community zu behalten, Mitglieder und Ansprechpartner miteinander zu vernetzen und bei der Organisation von Events zu unterstützen”, zählt Jan-Erik einige der Aufgaben auf, die die Freiwilligen bewältigen.

“Community-Arbeit ist nicht nur ein Nebenprodukt, sondern von Anfang an beim Rust-Projekt mitgedacht.” (Jan-Erik)

Die elementare Basis all dessen ist ein positives, an produktiver Zusammenarbeit orientiertes Klima, wie Florian erklärt: “Rust hat eine freundliche Community, die ungern an Raufereien teilnimmt und einem klaren Code of Conduct folgt.” Im Rust-Projekt legt man großen Wert darauf, eine Gemeinschaft zu sein, in der sich jede*r wohlfühlt und mitreden kann. Viele Mitglieder coachen gerne und wollen Anlaufpunkte für die diversen Fragen bieten, die beim Herantasten an eine neue Programmiersprache zwangsläufig aufkommen. Und da die Rust-Community gerne weiter wachsen möchte, sind neue Leute konsequenterweise herzlich willkommen — ganz egal, wie ihr Hintergrund aussieht.

“Ich habe mit Rust angefangen, nachdem ich eine Weile mit Python gearbeitet hatte. C war nicht so mein Ding, aber ich wollte gern eine neue Sprache lernen — und so kam das dann”, erzählt Aidan, der heute das Rust Infrastructure-Team leitet, von seinem Einstieg. Das Gros der Community-Mitglieder bringt Vorerfahrung im Programmieren mit, ihre Schwerpunkte unterscheiden sich allerdings deutlich: “Obwohl Rust eine systemorientierte Sprache ist, haben wir zu je etwa einem Drittel Menschen aus dem Bereich der dynamischen Sprachen, der funktionalen Sprachen und eben der Systemsprachen. Wir sind da ein Punkt der Integration”, erzählt Florian.

Auch für weniger erfahrene Entwickler bietet Rust gute Einstiegsmöglichkeiten, was die Beliebtheit der Sprache weiter fördert: Guidelines und Tooling existieren, Rust beinhaltet zahlreiche Sicherheitsmechanismen, die Fehler zu vermeiden helfen und die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. Das motiviert Hobby- wie professionelle Anwender gleichermaßen: “Als ich vor etwa drei Jahren angefangen habe, mich mit Rust zu beschäftigen, war es etwa zehn Prozent der Leute, mit denen ich darüber gesprochen habe, ein Begriff. Heute sind es rund 50 Prozent”, so Aidan. Und die Zahl wird weiter wachsen.

Erste Schritte leicht gemacht

Für die Zukunft wünscht sich das Rust-Team, auch die Community weiter auszubauen und dabei mehr unterrepräsentierte Leute mit ins Projekt zu holen. “Wir bemühen uns sehr um Diversity und haben gute Erfolge, aber da ist noch Luft nach oben”, sagt Florian. Neben seinem Job beim Infrastrukturdienstleister asquera.de ist er Geschäftsführer und Programmierer bei Ferrous Systems, einer Rust-Agentur, die von Mitgliedern des Projekts gegründet wurde. Seine Begeisterung für Rust ist auch nach rund sechs Jahren ungebrochen und das möchte er, wie so viele andere ‘Rustaceans’ auch, mit immer mehr Interessierten teilen.

“Programmiersprachen sind nicht leicht zu lernen, aber wir geben uns viel Mühe, damit der Anfang mit Rust leicht fällt.” (Florian)

Für einen ersten Einblick in Rust empfehlen wir, ein lokales Meetup zu besuchen, sich in den offiziellen Foren umzusehen und die umfassenden Arbeitsmaterialien aus der Dokumentation zu checken. Und wer weiß — vielleicht trifft man sich ja beim nächsten All Hands?