Diese Ergebnisse habe ich für den Einstieg in eine spannende und etwas differenziertere Panel-Diskussion während der diesjährigen RightsCon in Toronto genutzt. Mit dabei waren Joana Varon (ED CodingRights, Brasilien), Scout Brody (ED Simply Secure, USA) und Ephraim Kenyanito (Digital Program Officer Article 19, Kenia). Aufbauend auf ihren eigenen Geschichten und mit viel Feingefühl für kulturelle Unterschiede im Umgang mit solchen technologischen Entwicklungen, gaben diese ausgewiesenen Experten dem Publikum einige — teilweise auch beunruhigende — Beobachtungen mit auf den Weg.
IoT, insbesondere im eigenen Zuhause, berührt unsere Intimsphäre. Wir geben diesen Geräten Zugang zu allen Bereichen unseres Lebens — schließlich können sie unheimlich praktisch sein. Zumindest bis man über Dinge wie Überwachung, Sicherheitslücken, Interoperabilität, Energieverbrauch etc. pp. nachdenkt.
Die potenziellen Probleme mit Smart Cities scheinen etwas weniger greifbar. Wir erfuhren, dass solche Projekte gerade in Lateinamerika und Afrika oft mit Versprechungen für mehr Sicherheit oder weniger Kriminalität einhergehen — nur um dann letztlich gegen Oppositionelle, zur Fabrikation von Beweisen und mit eklatanten Mängeln in der Datensicherheit eingesetzt zu werden.
Die zunehmende Verwendung biometrischer Daten im Kontext digitaler Identifikationsprojekte geht auch mit massiven Sicherheitsrisiken einher, die noch dadurch verstärkt werden, dass viele dieser Projekte mithilfe öffentlich-privater Partnerschaften umgesetzt werden. Oftmals — insbesondere in Afrika — lässt das Fragen zur Verwendung und Speicherung von Daten sowie zu Zugriffsrechten offen. Was noch schlimmer ist: Ohne rechtlich geregelten Datenschutz sind Korrekturen oder Entschädigungen nahezu unmöglich.
Zusammengenommen machen uns diese Entwicklungen regelrecht ohnmächtig; dem Wohlwollen staatlicher und privater Akteure quasi ausgeliefert, können wir nur noch hoffen, dass sie in unserem Interesse handeln werden. Es mag wenig überraschen, dass zynische Kommentare die Panel-Diskussion begleiteten — was womöglich auch einen anderen Blick auf die “Privatsphäre ist tot”-Vertreter erlaubt. Persönliche Kontrolle, individuelle Entscheidungen, Selbstbestimmung — alles Dinge, die eng mit dem Bedürfnis nach Privatsphäre verwoben sind, gleiten uns zunehmend aus den Fingern. Das eindeutige Fazit des Panels: Privatsphäre ist und bleibt ein Grundbedürfnis, um das wir an allen erdenklichen Fronten kämpfen müssen.
Und das ist keinesfalls eine isolierte, einseitige Einschätzung, wie die folgenden Beispiele zeigen:
Im Rahmen der diesjährigen re:publica in Berlin habe ich zusammen mit zwei Kollegen einen Talk gehalten, in dessen Mittelpunkt die Zukunft eines sprachgestützten Internets stand. Das Potenzial einer so natürlichen Interaktion, die alle erdenklichen Hindernisse überbrückt, ist gewaltig. Und doch brachten unterschiedlichste Leute, sowohl vor als auch nach meinem Talk, ein und dieselbe Sorge zur Sprache: die Sicherheit und Privatsphäre unserer Daten. Noch interessanter sogar war, dass sie fragten, wie man die Anonymität der hochsensiblen biometrischen Sprachdaten schützen könne — sowohl vor dem Hintergrund der DSGVO als auch mit Blick auf die Angst vor emotionaler Manipulation und anderen Betrügereien.