Kategorien: Mozilla

Die Gewinner der ‚Equal Rating Innovation Challenge‘ stehen fest

Vor sechs Monaten haben wir die Equal Rating Innovation Challenge ins Leben gerufen, um Mozillas Einsatz für ‚Equal Rating‘ im Sinne digitaler Inklusion eine weitere Dimension hinzuzufügen: Ergänzend zu unserem öffentlichen Einsatz und unserer Forschungsarbeit wollen wir mit diesem Projekt neue Wege finden, um erschwinglichen Zugang zum Web bereitzustellen und zugleich Netzneutralität zu bewahren. Ein öffentlicher Aufruf zur Einsendung neuer Ideen war dabei die ideale Herangehensweise.

Ein offener und zugleich mitreißender Prozess

Der Kerngedanke hinter der Innovation Challenge ist unsere Überzeugung, dass es der richtige Weg ist, auf die lokale Expertise von Pionieren, Unternehmern und Wissenschaftlern überall auf der Welt zu setzen, um der nächsten Milliarde Menschen Zugang zu den vielfältigen Möglichkeiten des Webs zu geben. Es war gleichermaßen spannend und aufschlussreich, verschiedene Gruppen bei ihrem gemeinsamen Einsatz zu beobachten, zu sehen, wie Unternehmen neue Ideen erarbeiten und Regulierungsbehörden, Technologiekonzerne und Interessensverbände einen neuen Dialog eingehen.

Über die Webseite equalrating.com, im Rahmen von Webinaren und Konferenzen sowie bei zahlreichen Community-Veranstaltungen konnten wir innerhalb der sechswöchigen Ausschreibungsfrist Tausende von Menschen weltweit erreichen. Letztlich erhielten wir 98 Einsendungen aus 27 Ländern, die die Durchführbarkeit und das Potential des ‚Equal Rating‘-Ansatzes deutlich machen. Während zuvor viele Menschen der Ansicht waren, dass das Bereitstellen von Internetzugang eine Aufgabe großer Unternehmen und von Regierungen sei, konnten wir nun einen deutlichen Zuwachs an Ansätzen beobachten, die auf die Kraft der Gemeinschaft setzten, um etwas zu bewirken.

Im Januar dieses Jahres hat unsere breit aufgestellte Experten-Jury fünf Teams ausgewählt, die in das Halbfinale einziehen durften. Ihnen boten Experten aus dem weltweiten Mozilla-Team anschließend ein sechswöchiges Mentoring-Programm, im Rahmen dessen sie bei der Optimierung ihrer Projekte unterstützt wurden. Am 9. März wurden diese schließlich bei der Equal Rating Conference in New York City der Jury vorgestellt. Gemäß Mozillas Grundprämisse der Offenheit wurde mit dem sogenannten Demo Day eine einwöchige Abstimmungsphase eingeläutet, während derer die Öffentlichkeit online abstimmen konnte.  Die entsprechenden Ergebnisse berücksichtigte die Jury bei ihrer Entscheidungsfindung. Heute freuen wir uns, das Urteil der Jury vorstellen und verkünden zu dürfen, welche der Finalisten als Gewinner aus der Equal Rating Innovation Challenge hervorgehen.

Die Gewinner
Nahezu einstimmig wurde das Projekt Gram Marg, eine Lösung für Breitbandanschlüsse in ländlichen Gebieten, zum Gewinner und damit Empfänger einer Förderung in Höhe von 125.000 USD gewählt. Geleitet wird das Projekt von Prof. Abhay Karandikar, Dekan (Fakultätsangelegenheiten) und Inhaber des Lehrstuhls für Elektrotechnik am Indian Institute of Technology (IIT) in Bombay, sowie von Dr. Sarbani Banerjee Belur, Senior Project Research Scientist am IIT Bombay in Mumbai (Indien).

Dr. Sarbani Banerjee Belur (Indien) präsentiert das Projekt Gram Marg, eine Lösung für Breitbandanschlüsse in ländlichen Gebieten, bei der von Mozilla ausgerichteten Equal Rating Conference in New York City.

Gram Marg, was auf Hindi ‘Straßenkarte’ bedeutet, fesselte die Aufmerksamkeit von Juroren und Publikum, indem das Projekt die dringende Notwendigkeit, rund 640.000 Dörfern im ländlichen Indien Anschluss an das Internet zu ermöglichen, in den Mittelpunkt rückte. Das Team verdeutlichte das unglaubliche Potential, das die entsprechenden Gemeinschaften entfalten könnten, wenn sie erst Zugang zu e-Governance-Diensten, Zahlungs- und Finanz-Services sowie digitalen Informationen im Allgemeinen erhielten. Um ihrem Ausschluss von digitalen Ressourcen ein Ende zu bereiten und diese ländlichen Gemeinden zu stärken, hat das Team von Gram Marg eine geniale, auf den heimischen Grundvoraussetzungen fußende Technologie entwickelt, die auf ungenutzte TV-Frequenzen – sogenannten ‚White Space‘ – zugreift, um Daten aus den WiFi-Clustern der Ortschaften per ‚Backhaul‘ zu transportieren und so Breitband-Internetzugang bereitzustellen (sparsames 5G).

Das Team aus Wissenschaftlern und Mitarbeitern vor Ort hat ein kostengünstiges und widerstandsfähiges TV-UHF-Gerät entwickelt, dass ein 2,4 Ghz starkes Signal so umwandelt, dass es selbst Dörfer in besonders unwegsamem Gelände Web-Zugang ermöglicht. Dabei haben sie eine beschwerliche Reise hinter sich gebracht und große Ausdauer bewiesen, indem sie ihre Lösung in 25 Dörfern eingeführt und zugleich an einer Reduktion von Kosten und Größe sowie einer generellen Optimierung ihres Konzepts gearbeitet haben. Somit wird der erste Preis der Innovation Challenge einer Lösung zuteil, in welcher die Juroren einen hochgradig skalierbaren Ansatz erkennen: Gram Marg ist sowohl Wegbereiter für eine neue Technologie als auch sozialer Partner und hat eine Lösung erschaffen, die unsere Hoffnungen weit übertroffen hat.

„Alle fünf Halbfinalisten haben auf demselben Niveau miteinander konkurriert und es war wirklich eine Herausforderung, mit unserem Ansatz gegen sie anzutreten. Wir fühlen uns von der Entscheidung der Jury, unsere Lösung als Gewinner auszuwählen, geehrt“, berichtete uns Professor Karandikar. „Wir werden unser Produkt weiter verbessern, um es noch effizienter zu machen. Außerdem arbeiten wir an einem nachhaltigen Geschäftsmodell, durch das Unternehmer in den einzelnen Dörfern in die Lage versetzt werden, Netzwerke für den Web-Zugang einzusetzen und zu verwalten. Wir glauben, dass ein dezentrales und nachhaltiges Modell für den Erfolg einer technischen Lösung, die den bisher Ausgeschlossenen Zugang zum Web ermöglicht, entscheidend ist.“

Zum Zweitplatzierten und Empfänger eines Förderbetrags von 75.000 USD hat die Jury Afri-Fi: Kostenloses öffentliches WLAN ausgewählt. Das von Tim Human aus Südafrika geleitete Projekt entspricht einer Erweiterung des mehrfach ausgezeichneten und erfolgreichen Projekts Isizwe, das kostenlose Nutzung von 500 MB Datenvolumen pro Tag ermöglicht. Das Kernziel dieses Projekts besteht allerdings darin, durch die Verknüpfung kostenfreier WLAN-Netzwerke in ganz Südafrika ein nachhaltiges Geschäftsmodell zu erschaffen und die Nutzer für eine produktive Zusammenarbeit mit Werbetreibenden zusammenzubringen, sodass sie im Zuge der Kooperation kostenloses WLAN ‚verdienen‘ können.

Das Team hat eine anspruchsvolle und überzeugende Methode präsentiert, die die Verwendung von Nutzerdaten, den Schutz von Privatsphäre und die Stärkung von Unternehmertum kombiniert. „Das Team hat gezeigt, wie ihr Ansatz für kostenloses Internet aufstrebende Gemeinschaften in Südafrika unterstützt. Ihre Herangehensweise an den Aufbau von Gruppen, Partnerschaften, die Förderung von Unternehmern in der lokalen Gemeinschaft sowie Zugehörigkeit mit dem Ziel, einige der am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen Zugang zum Web zu ermöglichen, sind allesamt wesentliche Gründe, weshalb sie diese Anerkennung verdienen und die Bewegung für kostenloses Internet in Südafrika anführen“, erklärte Marlon Parker im Namen der Jury.

Die Auszeichnung für das Projekt mit dem ‘neuartigsten’ Ansatz, die mit 30.000 USD dotiert ist, geht an Bruno Vianna (Brasilien) und sein Team der Free Networks P2P Kooperative. Vorangetrieben von engagierten Bürgern und gespeist aus in der Community entwickelter Technologie, baut das Team auf die Tatkraft der Brasilianischen Bewegung für kostenlose Netzwerke, um die digitale Kluft zu überwinden. Anstatt sich auf technologische Aspekte zu konzentrieren, hat die Kooperative ein finanzielles und logistisches Modell entwickelt, das individuell auf Standards einzelner Dörfer und ihre Gemeinschaften zugeschnitten werden kann. Das Team konnte dabei vergleichsweise gewagt mit Herangehensweisen zur Einbindung der Gemeinden experimentieren, wie etwa durch ‚Scheunenbau‘, Gruppenaktivitäten, durch öffentliche Aufrufe zur Übernahme von Führungsaufgaben, um den demokratischen Aspekt des Ansatzes hervorzuheben, sowie durch die Nutzung des ‚Spieltriebs‘ der Dorfbewohner beim Kennenlernen der technischen Ausstattung. Die innovative Herangehensweise, mit der sich das Team der Herausforderung, Gemeinschaften bei der preiswerten und nachhaltigen Entwicklung eigener Infrastrukturen zu unterstützen, genähert hat, war für die Juroren der entscheidende Faktor.

Von links nach rechts:

  • Steve Song (Kanada), Freemium Mobile Internet (FMI)
  • Dr. Carlos Rey-Moreno (Südafrika), Zenzeleni “Do it for yourselves” Networks (ZN)
  • Bruno Vianna (Brasilien), Free Networks P2P Kooperative
  • Tim Genders (Südafrika), Afri-Fi: Kostenloses öffentliches WLAN
  • Dr. Sarbani Banerjee Belur (Indien), Gram Marg, Lösung für Breitbandanschlüsse in ländlichen Gebieten

Ein großer Dank gebührt allen, die mit ihren Einsendungen sowie ihrem Mitwirken bei Treffen und Events an der Innovation Challenge teilgenommen haben, ebenso wie unserer Jury für ihre unschätzbaren Einsichten und ihre Zeit sowie allen Mentoren von Mozilla, die die Halbfinalisten bei der Weiterentwicklung ihrer Projekte unterstützt haben. Wir möchten außerdem allen danken, die an der Online-Abstimmung teilgenommen haben – während des einwöchigen Abstimmungszeitraums sind fast 6.000 Stimmen eingegangen, wobei Zenzeleni und Gram Marg in der Gunst der Teilnehmer vorne lagen.

Mozilla hat diese Initiative gestartet, weil wir an die Kraft gemeinsamer Lösungen glauben, um die ganz großen Themen anzugehen. Wir wollten aktiv werden und zu Veränderungen ermutigen. Mit der Innovation Challenge haben wir nicht nur neue Lösungen erschlossen und den Dialog rund um diese Themen ausgeweitet, sondern auch neue Gemeinschaften von Problemlösern erschaffen, die wiederum das weltweite Netzwerk von Menschen, die daran arbeiten, der nächsten Milliarde Zugang zum Web zu verschaffen, stärken.

Unseren Einsatz für das Thema ‚Equal Rating’ als Fürsprecher, durch Forschung und die Unterstützung von Unternehmern werden wir bei Mozilla auch über diese Innovation Challenge hinaus fortführen. Um wirklich etwas zu bewirken, braucht es allerdings die Unterstützung einer weltweiten Community – oder um es mit den Worten unserer geschätzten Jurorin Omobola Johnson auszudrücken: Es geht nicht nur um das Problem, dass viele Menschen noch keinen Zugang zum Web haben, sondern vielmehr um die Menschen, die diesen Zugang herstellen. Damit hat sie Recht!

Besuchen Sie uns auf equalrating.com, engagieren Sie sich in unserer Community und erheben Sie Ihre Stimme. Es geht uns alle etwas an – und heute ist der Tag, an dem wir unseren fünf Finalisten für ihre Vorreiterrolle, ihre Vision und ihre Motivation danken. Sie sind Beispiele für das Beste in uns allen.

 

Den englischsprachigen Blog Post finden Sie hier.